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Teil II Die Studie

6.4 Visualisierung der Unterrichtsinhalte

6.1 Einleitung

Das Verb ist nicht nur aus sprachwissenschaftlicher Sicht die wichtigste Einheit für den Satz, sondern auch aus didaktischer. Diese Erkenntnis kann tiefgreifende Konsequenzen für den Unterricht haben. (Granzow-Emden 2014: 80)

Eben diese Erkenntnis als Grundgedanke ist es, die zu den im Folgenden dargestellten Unterrichtseinheiten geführt hat und die dieses entscheidende syntaktische Element in den Fokus stellt. Das Feldermodell170 – sei es hier das uniforme Grundmodell (Wöllstein 2010), das Gelisa-Modell (Wöllstein & Zepter 2015) oder das Vbf-Modell (Ørsnes 2009) – baut sein Gerüst eben um genau dieses Element auf und macht durch die Besetzung seines Satzmarkiererfeldes171 die unterschiedlichen Satztypen des Deutschen bereits innerhalb des Modells optisch deutlich. Diese Tatsache allein legitimiert die Verwendung des Feldermodells als einen didaktischen Rahmen für den Unterricht, wird aber durch die Wahl der kontrastiven Varianten zusätzlich durch die komparative Komponente des Sprachvergleichs unterstützt.

Um geeignete Unterrichtseinheiten rund um dieses Thema zu entwerfen, bedurfte es zunächst einiger gründlicher Überlegungen. Diese betrafen sowohl den zeitlichen als auch den inhaltlichen Rahmen sowie die Frage, wie der Stoff vermittelt werden sollte – etwa in Form von Vorlesungen oder aber mit den Studenten gemeinsam als Seminare und in Verbindung mit mehreren Übungen. Weiter war zu berücksichtigen, Unterrichts- und Testkonzeption aufeinander abzustimmen, um eine Progression der Teilnehmer in

170 Es sei nochmals erwähnt, dass mit dem Feldermodell das Konzept im Allgemeinen verstanden wird.

Diese Bezeichnung wird hier fortlaufend verwendet, wenn sowohl das Gelisa-Modell als auch das Vbf-Modell gemeint sind.

171 Diese Position entspricht im uniformen Grundmodell und im Gelisa-Modell der LSK, im Vbf-Modell FIN. Durch ihre Besetzung (mit einem finiten Verb oder einer Subjunktion) wird der Satztyp als Haupt- oder Nebensatz klassifiziert (vgl. 3.2.1 und 3.4.1–2).

Bezug auf den Unterrichtsstoff vor und nach der Didaktisierung ermitteln zu können.172 Zuletzt bildeten vor allem auch die unter 1.4 formulierten Lernziele und die unter 5.2 formulierten Forschungsfragen eine entscheidende Unterrichtsgrundlage. Diese werden deshalb zunächst wiederholt, bevor die einzelnen Lektionen anschließend in den Fokus rücken.

Da sicherzustellen war, für alle Gruppen ein gleichwertiges Konzept auszuarbeiten, das sich nur durch die Verwendung des bzw. welcher Variante des Feldermodells unter-scheiden würde, werden die Lektionen aller Gruppen gesammelt betrachtet. Dies schließt auch die K-Gruppe ein, die ohne Modell, aber mit denselben grammatischen Themen arbeitete.

Im Anschluss an die einzelnen Lektionen werden die beiden Aspekte näher betrachtet, auf deren Grundgedanken die gesamte Didaktisierung fußt: die sprachvergleichende Lehrmethode, welche die Lerner aktiv in den Kontrastierungsprozess einbindet, und die Visualisierung, für deren positiven Effekt auf den Lernprozess anschließend argu-mentiert wird. Diese beiden Aspekte werden wiederum getragen von den lerntheore-tischen Grundlagen (vgl. Kapitel 2), denen zufolge davon ausgegangen wird, dass die L1 der Lerner eine wesentliche Rolle im Fremdsprachenerwerbsprozess spielt und dass ein kontrastiver Sprachunterricht eine Bewusstmachung der sprachlichen Unter-schiede zur L2 entscheidend vorantreibt.

6.2 Inhaltlicher Rahmen der einzelnen Lektionen – Grundüberlegungen

Bevor die einzelnen Lektionen genauer betrachtet werden, gilt es an dieser Stelle zunächst, Grundüberlegungen darzulegen bzw. Forschungsfragen und Lernziele wieder aufzugreifen, die bereits in vorherigen Kapiteln formuliert wurden. Die Forschungs-fragen an die Didaktisierung (vgl. 5.2) lauteten wie folgt:

Ø Wie kann ein DaF-Unterricht für norwegische Muttersprachler unter Bezug-nahme kontrastiver Feldermodelle aussehen?

Ø Welche Themen eignen sich für eine Umsetzung dieses Unterrichts?

Ø Welche eigenen Erfahrungswerte ergeben sich aus der Unterrichtsdurchführung?

In diesem Kapitel wird in erster Linie die erste Forschungsfrage näher beleuchtet.

Hierbei ist hervorzuheben, dass kontrastive Feldermodelle für den norwegischen DaF-Unterricht mehr Möglichkeiten bereithalten als die vorliegende Didaktisierung präsentiert.173 Das im Folgenden ausgearbeitete Unterrichtskonzept zeigt, wie ein

DaF-172 Zur Konzeption der Tests siehe 5.5, zur Testauswertung 7.3.

173 Weitere Themenvorschläge werden im Ausblick präsentiert (vgl. 9.3).

Unterricht für norwegische Muttersprachler unter Bezugnahme kontrastiver Felder-modelle aussehen kann. Es hätten auch andere Themen gewählt werden können. Somit ist diese erste Forschungsfrage nicht darauf ausgelegt, eine klare Antwort definieren zu wollen, sondern darauf, eine angemessene Möglichkeit für den norwegischen DaF-Unterricht vorzustellen.

Die weiteren zwei Forschungsfragen können erst nach der Durchführung des Unterrichts vollständig betrachtet werden. Auch wenn bereits bei der Ausarbeitung der Didaktisierung Entscheidungen bezüglich passender grammatischer Themen getroffen werden mussten, würde erst die eigentliche Realisierung im Unterricht bzw. der Unterrichtsverlauf Aufschluss darüber bieten, ob diese Themen als geeignet angesehen werden können. Dies gilt auch für die Erfahrungen, die aus der Unterrichtsdurchführung erwachsen sind. Reflexionen über die Umsetzung der gewählten Themen sowie Erfahrungen aus dem Unterricht werden zwar an passender Stelle auch in diesem Kapitel aufgegriffen, später aber noch durch ein Resümee der Unterrichtsdurchführung unter 7.2 ergänzt.

Da es eines der Hauptanliegen dieser Arbeit ist, zu evaluieren, ob und vor allem aber auch wie das Feldermodell und gegebenenfalls welche Variante für einen universitären DaF-Unterricht in Norwegen zweckmäßig und sinnvoll ist, mussten geeignete grammatische Themen ausgewählt werden, die sich mit dem Modell gewinnbringend erarbeiten lassen. Das Modell als didaktisches Werkzeug eignet sich gewiss für einen Unterricht zur Satzstruktur am besten, weshalb morphologische Herausforderungen zunächst außer Acht gelassen wurden.174 Aber auch im Bereich der Wortstellung ist eine Vielzahl syntaktischer Schwerpunkte denkbar. Die Auswahl basiert auf der Überlegung, welche syntaktischen Inhalte für den norwegischen DaF-Lerner von besonderer Relevanz sind und welche sich noch dazu mithilfe des Feldermodells zweckmäßig erarbeiten und für ihn gewinnbringend visualisieren lassen. Überdies wurde mit der letzten Lektion aber auch ein Thema auf Ebene der Verbalstellung gewählt, bei dem es zu überprüfen galt, ob das Modell dort wirklich einen potenziellen Mehrwert für die Darstellung bieten würde.175 Ein struktureller Vergleich mit dem Norwegischen bildete dabei in jeder Lektion einen zentralen Bestandteil.

174 Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass es durchaus Bestrebungen gibt, eine topologische Analyse auch bei Fragestellungen heranzuziehen, die sich eben nicht nur auf die Ebene der Satzstellung beziehen, sondern beispielsweise auf die Orthografie. Siehe hierzu den Beitrag „Topologie und Orthographie“

(Bredel 2015) oder „Die Topologie der NP als Grundlage für den Erwerb der satzinternen Groß-schreibung“ (Hübl & Steinbach 2015).

175 Meines Erachtens ist das Potenzial der kontrastiven Feldermodelle für die Themen der ersten beiden Lektionen ersichtlicher. Beim Thema der dritten Lektion wurde in Betracht gezogen, dass die Teilnehmer in einer weiteren Unterteilung des Verbalfeldes bzw. der RVK neben einer gängigen Nummerierung von Verbketten eventuell keinen weiteren Mehrwert für das Verständnis sehen könnten.

Die Unterrichtseinheiten wurden thematisch folgendermaßen gegliedert:

Ø Lektion 1 – Einführung: Verbalstellung und Feldermodelle:

o Die verschiedenen Satztypen des Deutschen (V1, V2, VE) und die verbale Klammer

o Einführung in das jeweilige Modell (Gelisa-, Vbf-Modell) bzw. eine Beschreibung der Satzstruktur ohne Modell in der K-Gruppe

o Gegenüberstellung deutscher und norwegischer Haupt- und Nebensätze Ø Lektion 2 – Relativsätze:

o Einordnung der Relativsätze als Nebensätze

o Gegenüberstellung und Besonderheiten deutscher und norwegischer Relativsätze

o Platzierung des Relativsatzes und seine Verbindung zum Bezugswort Ø Lektion 3 – Ersatzinfinitiv und Ausnahmen der VE-Stellung in Nebensätzen:

o Tempora und Verben, die den Ersatzinfinitiv erfordern

o Stellungsbesonderheiten komplexer Verbalformen mit einem Ersatz-infinitiv

o Gegenüberstellung komplexer Verbalformen im Deutschen und Norwe-gischen

Diese Themen wiederum wurden in Abstimmung mit den unter 1.4 formulierten Lernzielen entwickelt, die im Folgenden noch einmal wiederholt werden, wobei auch noch einmal daran erinnert sei, dass es sich hierbei um keine konkret messbaren Ziele, sondern vielmehr um Bestrebungen handelt. Die Didaktisierung fokussiert darauf, die Entwicklungen der Lerner durch Folgendes bereichern zu wollen:

Ø Kenntnisse über die grundlegenden, strukturellen Unterschiede und Gemeinsam-keiten der deutschen und norwegischen Verbalstellung

Ø Verbesserung ihrer Sprachbewusstheit durch Kenntnisse über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der deutschen und norwegischen Verbalstellung

Ø Sicherheit für die eigene Sprachproduktion durch Kenntnisse über die Unter-schiede und Gemeinsamkeiten der deutschen und norwegischen Verbalstel-lung176

Ø Einen geschärften Blick für die deutsche und norwegische Satzstruktur sowie eine visuelle Vorstellung ihrer Unterschiede und Gemeinsamkeiten

176 Wie unter 1.4 bereits erwähnt, soll damit ein positiver Effekt für die Sprachrezeption nicht ausge-schlossen werden. Das Forschungsinteresse bei diesem Ziel galt jedoch in erster Linie der praktischen Anwendung des Modells bei der Verwendung der L2 Deutsch.

Es ist selbstredend, dass sich die Unterrichtseinheiten der K-Gruppe sowie der Felder-gruppen (Gelisa-, Vbf- und gemischte Gruppe) thematisch im selben Rahmen bewegen mussten und in jeglicher Form als gleichwertig anzusehen sind. Mit der K-Gruppe beispielsweise nur auf Konstituentenbasis zu arbeiten, wäre auch denkbar gewesen, hätte aber die Komparabilität der Lehrmethoden zerstört. Es geht ja auch nicht zwingend darum, zu behaupten, dass andere Herangehensweisen eine weniger geeignete Form darstellen, den Lernern strukturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu verdeut-lichen, sondern darum, zu untersuchen, inwiefern diese Einsichten durch ein Felder-modell geschaffen oder verbessert werden können und welches Potenzial das Modell für den kontrastiven DaF-Unterricht norwegischer Muttersprachler bieten kann.

Der Unterricht jeder Lektion wurde als Seminar konzipiert. Eine Strukturanalyse sollte nicht nur in Form einer Vorlesung präsentiert werden, sondern den Teilnehmern zusätzlich die Möglichkeit bieten, sich selbst aktiv in einen Sprachenvergleich einzubringen. Erfahrungsgemäß kann es den Lernern ein positives Gefühl geben, ihre eigene Muttersprache aktiv in den Unterricht einzubinden. Ein gemeinsames Erarbeiten und Entdecken von strukturellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten ist eine Methode, die aus didaktischer Sicht wertvoll erscheint, weil sie die Reflexion der Lerner positiv anregen und die Sprachbewusstheit und das Sprachverständnis fördern kann (vgl. Oomen-Welken 2017b). Dass ein syntaktischer Vergleich mit der Muttersprache sinnvoll sein kann, ergibt sich auch aus einer Reihe von Studien zum Erwerb der deutschen Verbstellung (vgl. Klein Gunnewiek 2000; Diehl et al. 2000), die nachweisen konnten, dass eben dieser syntaktische Erwerbsprozess durch Unterschiede zur und Gemeinsamkeiten mit der Muttersprache beeinflusst wird.

Unabhängig von den grammatischen Inhalten des Unterrichts basierte die Konzeption des Unterrichts zum einen auf der Überzeugung, dass der Lernprozess durch eine aktive Mitarbeit der Lerner verbessert werden kann. Zum anderen kann diese Vorgehensweise gut mit einer kontrastiven Lehrmethode gekoppelt werden. Auf diesen Punkt wird unter 6.3 noch einmal genauer eingegangen.

Jede Lektion wurde mit Aufgaben abgeschlossen, bei denen sowohl deutsche als auch norwegische Beispiele in das jeweilige Modell eingeordnet wurden.177 Um den Studenten die Arbeit zu erleichtern, und auch damit sie den Präsentationen leichter

177 Alle Gruppe bekamen dieselben Aufgaben. Wenn es Teil der Aufgabenstellung für die Feldergruppen war, Beispielsätze in das Modell einzuordnen, wurde die K-Gruppe gebeten, strukturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten ‚nur‘ zu beschreiben. Aufgaben, die ohne die Anwendung eines Modells auskamen, waren komplett identisch (beispielsweise das Bilden von Relativsätzen) und wurden dann bei der Besprechung im Plenum für die Feldergruppen durch eine Darstellung im jeweiligen Modell ergänzt.

folgen konnten, wurden Schablonen des jeweiligen Modells bereitgestellt.178 Diese bewirkten außerdem, dass die Teilnehmer das Modell in seiner Anwendung direkt ausprobieren konnten. Die darauffolgende Lektion begann immer mit einer Besprechung der Aufgaben, sodass die neue Information in einer Lektion zuerst präsentiert, dann selbst eingeübt und letztendlich beim nächsten Mal im Plenum besprochen wurde.

Die PowerPoint-Präsentationen zu den einzelnen Lektionen bekamen die Teilnehmer erst nach Beendigung aller Unterrichtseinheiten bzw. nach der Durchführung des Folgetests zugeschickt. Es sollte damit der Versuch unternommen werden, in erster Linie den Effekt des Unterrichts zu messen. Es ist aber hervorzuheben, dass der Arbeitsaufwand, den die Teilnehmer außerhalb des Seminarraumes aufgebracht hatten, um die grammatischen Inhalte vor- und nachzubereiten, im Rahmen dieses Projektes (wie in allen Interventionsstudien, die aus mehreren Unterrichtseinheiten bestehen) sowieso nicht kontrollierbar ist.179 Es kann weiter für eine engagierte Lehrkraft auch kaum unerwünscht sein, wenn sich die Lerner in ihrer Freizeit weiter in die Materie vertiefen wollen. In Bezug auf die Übungsaufgaben waren die Lerner ohnehin dazu angehalten, die Themen des Unterrichts noch einmal zu wiederholen.180

Um gewährleisten zu können, dass sowohl mehrere Gruppen getestet werden konnten als auch um genügend Zeit zu haben, um mit dem Modell in seinen Grundzügen vertraut zu werden, wurden drei Lektionen zu je 90 min konzipiert. Zusammen mit dem Vor- und Folgetest sowie den Auswertungsinterviews sollte sich die Durchführung in vier Wochen realisieren lassen.181 Die Gruppen über einen längeren Zeitraum zu unter-richten, um die Studenten noch besser mit dem Modell vertraut machen zu können, wäre wünschenswert gewesen, ließ sich aber im Rahmen dieses Projekts nicht umsetzen.

Alle Lektionen in jeder Gruppe wurden im schriftlichen Einverständnis der Studenten auditiv aufgenommen. Im Zuge von Unterrichtsversuchen, Interventionsstudien und

178 Die Schablonen entsprachen dem jeweiligen Grundgerüst, wie es in den folgenden Abbildungen der Lektionen unter 6.2.1–3 dargestellt wird.

179 In den letzten Jahren ist es außerdem zu einer neuen Gewohnheit unter den Studenten geworden, Präsentationen und Tafelbilder mit dem Smartphone abzufotografieren, was zwangsläufig auch gar nicht von der Lehrkraft bemerkt werden muss bzw. kaum kontrolliert werden kann.

180 Es sei der Auswertung hier vorausgenommen, dass einige Teilnehmer äußerten, sie hätten die Präsentationen gerne früher erhalten – vor allem auch, um beim Lösen der Aufgaben zusätzlich zu ihren Notizen noch eine weitere Hilfestellung nutzen zu können (vgl. 7.2). Im Nachhinein bietet die Entscheidung, den Teilnehmern die Präsentation erst ganz am Ende auszuteilen, sicherlich zurecht Raum für Kritik. Für zukünftige Arbeiten können aber eben auch Entscheidungen, die möglicherweise anders besser hätten gelöst werden können, relevante Erkenntnisse bieten.

181 Da eine Zusammenarbeit mit dem DNSZ in Kiel bereits vor Beginn des Projekts abgesprochen war, wurde in Bezug auf den zeitlichen Rahmen berücksichtigt, dass sich jeder Block innerhalb der dortigen Sprachkurse durchführen ließ. Auch deswegen wurden vier Wochen als Zeitraum gewählt (vgl. 5.4.1).

Ähnlichem wird häufig das sogenannte Black-Box-Prinzip (vgl. Loewen & Philp 2012:

54) kritisiert, demnach es keine Garantie dafür gebe, dass die Lehrkraft eine geplante Methode auch wirklich angewandt habe oder dass die sprachlichen Leistungen der Lerner auch auf eben diese Methode zurückgeführt werden könnten. Um auch im Nachhinein von außen nachvollziehen zu können, wie und was innerhalb der schwarzen Box des Seminarraumes vermittelt, gefragt und erarbeitet wurde, erwiesen sich die Aufnahmen als optimale Lösung.182 Die Frage danach, ob die Lerner auch tatsächlich vom entwickelten Unterrichtskonzept profitieren konnten, würde das qualitative Interview näher beleuchten können (vgl. 7.4).

Im Folgenden werden die Lektionen der verschiedenen Gruppen (K-Gruppe, Gelisa-Gruppe, Vbf-Gruppe und gemischte Gruppe) gemeinsam dargestellt. Dies ist sinnvoll, da sichergestellt wurde, allen Gruppen einen gleichwertigen sowie inhaltlich vergleich-baren Unterricht anzubieten.

6.2.1 Lektion 1 – Einführung: Verbalstellung und Feldermodelle

Thema der ersten Lektion waren in allen Gruppen als Grundlage zunächst die drei Satztypen des Deutschen (V1, V2, VE). Danach wurde in den Feldergruppen das uniforme Grundmodell (Wöllstein 2010) vorgestellt.183 Darauf folgend wurde gemeinsam erarbeitet, ob und wie sich auch das Norwegische in dieses Modell integrieren ließe. Die dafür gewählten Beispiele waren so konstruiert, dass die Studenten zwangsläufig auf Probleme stoßen mussten, um auf eine induktive Weise selbst festzustellen, warum sich das uniforme Grundmodell eben nicht für einen Sprach-vergleich mit dem Norwegischen eignet (Abbildung 1)184. Die Abbildung zeigt sowohl eine ungeeignete Platzierung der Subjunktion (selv om) im VF wie auch der verbalen Elemente (kan være) im MF. Deutlich wurde den Studenten hiermit außerdem die besondere Position des norwegischen Subjektes (studentene) gemacht, das gewiss auch nicht in der LSK stehen kann.185

182 Es wurden auch Videoaufnahmen in Betracht gezogen. Diese Möglichkeit wurde aber aufgrund der Befürchtung, dies könne eine natürliche und entspannte Unterrichtsatmosphäre für alle Beteiligten gefährden, wieder verworfen.

183 Es wurde davon ausgegangen, dass einige Teilnehmer das Modell bereits (ansatzweise) kannten oder zumindest schon einmal gesehen hatten. Dies bestätigte sich durch Aussagen der Teilnehmer in Interviews (vgl. 7.4).

184 Alle folgenden Abbildungen und Beispielsätze sind, wenn nicht extra vermerkt, in dieser Form direkt aus den Unterrichtseinheiten entnommen.

185 Vgl. die festere Position des Subjekts in den skandinavistischen Modellen unter 3.3.

VF LSK MF RSK NF

obwohl die Studenten im April bei einem Sprachkurs in Kiel

mitmachen können selv om studentene *kan være med på et

språkkurs i Kiel i januar Selv om *studentene

kan være

med på et språkkurs i Kiel i januar Selv om

*studentene

kan være med på et språkkurs i Kiel i januar

Abbildung 1: Deutsch und Norwegisch im uniformen Grundmodell

In einem weiteren Schritt wurden mit den Feldergruppen verschiedene Lösungen für die in Abbildung 1 dargestellten Probleme erarbeitet. Hierbei wurden die Teilnehmer zunächst gebeten, eigene Lösungsvorschläge anzubieten. Die Gelisa- und die Vbf-Gruppe bekamen anschließend das jeweilige Modell als Lösungsvorschlag präsentiert, während der gemischten Gruppe beide Modelle kurz erläutert wurden. In der gemischten Gruppe waren die Präsentationen beider Modelle in Bezug auf das jeweilige Thema jederzeit verfügbar und es sollte der Unterrichtsverlauf zeigen, in welche Richtung das gemeinsame Arbeiten gehen sollte. Die gemischte Gruppe konnte somit wählen, mit welchem Modell sie arbeiten wollte.

Abbildung 2 zeigt eine Gegenüberstellung beider Modelle, wobei jedes für sich genommen in der jeweils dazugehörigen Gruppe präsentiert wurde. Die Gegenüber-stellung war in dieser Form für die gemischte Gruppe konzipiert, um den Studenten zu veranschaulichen, dass sich die Modelle zwangsläufig ähneln müssen. Schließlich unterscheidet sich nur das Beschreibungswerkzeug und nicht der zu beschreibende Gegenstand. Durch eine farbige Kennzeichnung der LVK und RVK wurde hervor-gehoben, dass diese Gelisa-Felder einem deutschen bzw. norwegischen Verbalfeld im Vbf-Modell problemlos gegenübergestellt werden können.

VF LSK SF LVK MF RVK RSK NF

selv om studentene kan være med på et språkkurs

obwohl die Studenten186 bei

einem Sprachkurs

mitmachen können

VF Fin Satzfeld NF

Verbalfeld

obwohl die Studenten bei einem Sprachkurs mitmachen können

VF Fin Satzfeld NF

Verbalfeld

selv om studentene kan være med på et språkkurs

Abbildung 2: Gegenüberstellung vom Gelisa- und Vbf-Modell

Im Anschluss wurden die Besetzungen von VF, MF und NF in Anlehnung an die Darstellung unter 3.2.1 genauer besprochen.187 Norwegische Beispiele kamen in erster Linie dann ergänzend hinzu, wenn strukturelle Unterschiede zum Deutschen hervor-gehoben werden sollten. Dies betraf im Besonderen das MF, das im Deutschen durch eine Komplexität seiner vielen Tendenzen gekennzeichnet ist und der Besetzung dadurch ein gewisses Maß an Freiheiten lässt (vgl. Helbig & Buscha 2001; Duden 2016). In Anbetracht des begrenzten zeitlichen Rahmens wurde die Darstellung in die drei grundlegenden Kriterien nach 1.) Form des Satzgliedes, 2.) Funktion des Satzgliedes und 3.) Bedeutung und Mittelungswert gegliedert und etwas vereinfacht behandelt.188 Auf den grundlegenden syntaktischen Unterschied, den Unterschied der entgegengesetzten Rektionsrichtung im Deutschen und im Norwegischen (vgl. das Rechts- bzw. Linksverzweigungsprinzip (vgl. Askedal 2001: 354), wurde jedoch ausführlicher eingegangen. Dies stellte eine direkte Anlehnung an den didaktischen Vorschlag von Ørsnes (2009) dar, die Rektionsrichtung mithilfe des Verbalfeldes als

186 Wie bereits unter 3.4.2 dargelegt, können auch gute Argumente für eine SF-Besetzung im Deutschen angebracht werden, sodass die Studenten in Anlehnung an Wöllstein (2016) nicht im MF, sondern im SF platziert werden müsste. Die Didaktisierung wurde jedoch unter Berücksichtigung der Einteilung in Wöllstein und Zepter (2015) erarbeitet, wonach das deutsche Subjekt eben nicht im SF platziert werden würde.

187 Da dieses Thema in der vorliegenden Arbeit unter 3.2.1 bereits behandelt wurde, wird dieser Unterrichtsschritt hier ausgelassen. Mit den Studenten wurde die Besetzung der Felder jedoch ausführ-licher besprochen.

188 Wie bereits einleitend (vgl. 1.4) festgehalten, gilt der MF-Besetzung kein besonderes Forschungs-interesse. Um den Studenten das Modell in seiner Ganzheit nahezubringen, wurde dieses Thema selbstverständlich trotzdem kurz behandelt, jedoch nicht ausführlich vertieft. Die gewählte Darstellung der MF-Besetzung war angelehnt an die Präferenzbedingungen aus Wöllstein (2010) und die

188 Wie bereits einleitend (vgl. 1.4) festgehalten, gilt der MF-Besetzung kein besonderes Forschungs-interesse. Um den Studenten das Modell in seiner Ganzheit nahezubringen, wurde dieses Thema selbstverständlich trotzdem kurz behandelt, jedoch nicht ausführlich vertieft. Die gewählte Darstellung der MF-Besetzung war angelehnt an die Präferenzbedingungen aus Wöllstein (2010) und die